Condylomata acuminata
Zuletzt aktualisiert: 2022-11-16
Autor(en): Anzengruber F., Koral
ICD11: 1A95
- Molluscum contagiosum
- Plattenepithelzellkarzinom der Haut (Spinozelluläres Karzinom, SCC)
- Granuloma anulare
- Lichen ruber planus
- Seborrhoische Keratose
- Syphilis
- Syringom
- Perlschnurartige Penispapeln (Hirsuties)
- Bowenoide Papulose
Feigwarzen, spitze Condylome, Feuchtwarzen, anogenitale Warzen.
Hochinfektiöse Geschlechtskrankheit/STD (sexual transmitted disease).
- Weltweit häufigste übertragene virale STD.
- Ca. 1 % der Bevölkerung (15.-49. Lebensjahr) leidet an Condylomata acuminata.
- Es wird angenommen, dass die Wahrscheinlichkeit bis zum 27. Lebensjahr an Condylomata acuminata zu erkranken mit 4, 7% beziffert werden kann.
- HPV-Prävalenz bei Frauen in der Vorimpfära wird mit 9-21% beziffert.
- Aufgrund der HPV- Impfstoffe konnte bei 15-19 jährigen Frauen bereits ein Rückgang der Inzidenz von anogenitalen Warzen beobachtet werden (Daten aus Australien sprechen zum Teil von Abnahme der erkrankten Frauen um fast 90%!).
- Kein Geschlechtsunterschied. Höchste Prävalenz bei jungen Erwachsenen bis zum 40. Lebensjahr.
- Prädispositionierende Faktoren: Immunsuppression, Nikotinabusus, Promiskuität.
LR-HPVs insbesondere Typ 6 und 11 werden für mehr als 90% aller anogenitalen Condylomata acuminata als ursächlich gesehen.
Inkubationszeit von Wochen bis zu 6 Monaten.
Spontanremission in bis zu 30%.
Condylome können sowohl genital als auch anal auftreten.
Schmerzlose, oft konfluierende, hautfarbene-livide, weiche, teils exophytisch wachsende Papeln, Plaques und Tumore.
Klinik
Ggf. Biopsie.
Ein Essigsäuretest für 5 Minuten (5% äußerlich, 3% vaginal und intraanal) zeigt eine Weißfärbung. Dieser traditionelle Test ist nicht immer spezifisch.
Ggf. proktoskopische Untersuchung (MSM).
Bei Befall des Harnröhreneingangs, keine Blasenspiegelung ohne vorherige Sanierung (Kontamination).
Hepatitis B, C, Syphilis- und HIV-Serologie bei jedem Patienten bestimmen!
Dezente Hyperkeratose, fokale Parakeratose, ausgeprägte Akanthose, vergrößerte Reteleisten, Koilozyten, keine Vergrößerung des Stratum granulosum (Unterscheidungsmerkmal zur Verruca vulgaris).
Häufig Rezidive. Patienten hierüber von Beginn an aufklären!
Sowohl Mädchen als auch Jungen sollten mit einem tetravalenten Impfstoff (Typ 6, 11, 16, 18) ab dem 9. Lebensjahr, aber noch vor dem 1. Geschlechtsverkehr geimpft werden. Falls dieser bereits erfolgt ist, muss eine individuelle Entscheidung getroffen werden.
Nachkontrollen zum Ausschluss eines Rezidivs nach ca. 6 Monaten, bei Rezidiv ggf. früher.
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Partner sollte auf jeden Fall ärztlich untersucht werden!
Patienten über Ping-Pong-Phänomen aufklären, welches für die Re-Infektion durch den unbehandelten Partner steht. Deshalb sollten beide Partner gleichzeitig behandelt werden.
Topische Therapie (zumeist off label use!)
Kryotherapie
- Anw.: 2x bis 15 Sekunden.
- Anm.: effektiv, billig, kurzzeitig unangenehm für Patienten.
Immunmodulatoren
- Imiquimod Aldara® 3x wöchentlich für 12 Wochen.
- Off-label-use: Anw.: 5x/ Woche über mehrere Wochen, maximal 16 Wochen.
- Zuvor Abtragung der Warzenoberfläche notwendig.
- NW: Rötung, Juckreiz, Brennen, Erosion der Haut. Pat. vor Beginn der Therapie hierüber aufklären!
- Podophyllin/Podophyllotoxin Condyline® Lin 2x tgl. für 3 an einander folgenden Tagen applizieren. Ggf. wiederholen.
- Off-label-use: Anw.: 2x tgl. für 3 an einander folgenden Tagen applizieren, umliegende Haut schützen. Ggf. wiederholen.
- KI: < 12J., offene Wunden, Frauen im gebärfähigen Alter, Kontrazeption bis 30 Tage nach Therapie empfohlen, Schwangerschaft, Stillzeit.
- Sinecatechine (Veregen® - Salbe) Grünteeextrakt
- Anw.: 3x tgl. für bis zu 16 Wochen.
- Trichloressigsäure 85% (Magistralrezeptur)
- Anw.: 1x/ Woche mit Wattetupfer applizieren. Therapie gehört rein in ärztliche Hand. Auch in der Schwangerschaft erlaubt, bei Überdosierung Neutralisation mit Natriumbicarbonat-Lsg.
- Abtragen mit CO² Laser/Elektrokauter/Kürette/Exzision:
- CAVE Infektiösität! Insbesondere beim Lasern und elektrokautern. Immer Tragen einer Gesichtsmaske bzw. Schutzbrille und Mundschutz! Rauchabzug ist essentiell.
HPV-Impfung
Aktuell sind bivalente Impfstoffe gegen HPV 16 und 18 (Cervarix®) oder quadrivalente Impfungen gegen HPV 6, 11, 16 und 18 (Gardisil®) erhältlich. Die Zulassung der Impfstoffe gilt ab 9 Jahren für Mädchen und Jungen. Eine Impfung von Mädchen und Jungen wird vor dem ersten Geschlechtsverkehr empfohlen. Daten zur Wirkdauer des Impfschutzes liegen nicht vor.
Insgesamt gelten die Impfungen als verträglich und effektiv.
Sofern mindestens eine Impfdosis verabreicht wurde, kann mit einem ca. 44%igem Schutz gegen CIN/VIN/VAIN gerechnet werden. Bei komplett durchgeführter Schutzimpfung besteht ein nahezu 100%iger Schutz.
Hinsichtlich der Datenlage ist aktuell kein Einfluss auf bereits bestehende HPV-Infektionen zu erwarten. Es gibt aber Fallberichte von Remission bestehender HPV Infekte z.B. resistente Warzen, die teils auch nicht vom Impfstoff abgedeckt waren.
Lt. Studienergebnissen kann man von einer Kreuzreaktion gegenüber anderen HPV-Typen, insbesondere 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52, 56, 58, 59, 66, und 68, rechnen.
Effizienz der Vakzine bei immunsupprimierten Patienten (HIV-infizierte, Organtransplantiere) ist hinsichtlich der Datenlage nur schwer zu beurteilen.
Die Impfempfehlungen sind teilweise unterschiedlich:
CH: Bundesamt für Gesundheit (BAG) und Eidgenössischer Kommssion für Impffragen (EKIF) empfehlen:
11-14 J.: 2 Injektionen mit 6-monatigen Abstand
Für Mädchen als Basisimpfung, für Jungen als ergänzende Impfung empfohlen.
Die Impfung ist für Mädchen kostenlos. Für 15- bis 26-jährige Mädchen und Frauen ist eine Kostenübernahme zumindest bis Ende 2017 geplant. Hinsichtlich der Kostenübernahme für Jungen gibt es noch keine Information.
D: Ständige Impfkommission:
Eine Impfung gegen humane Papillomaviren (Typen HPV 16, 18) ist für Mädchen von 9-14 J. (jedoch bis zum Beginn des 19. Lebensjahr) empfohlen.
Quadrivalent:
Gardisil® (HPV Typen 6, 11, 16, 18)
I.m. Injektion.
Auch für Jungen sinnvoll.
Anw.:
Übliches Schema: >9 J.: Monat 0/2/6.
Alternatives Schema: >9 J.: 3 Dosen innerhalb von 12 Monaten, jedoch 2. Dosis erst nach 1 Mon. nach der 1. Dosis und 3. Dosis frühestens 3 Mon. nach der 2. Dosis. (vgl. mit o.a. Empfehlungen!)
KI: Fieber. Schwangerschaft. Vakzinierung darf während Stillzeit erfolgen!
NW: im Allgemeinen sehr gut verträglich, sehr häufig: Kopfschmerzen, Erythem, Schmerzen und Schwellung an Injektionsstelle.
Kostenübernahmen durch Krankenkassen sind regional unterschiedlich.
Kosten:
CH: 257, 50 CHF
D: 156, 38 € pro Impfung
Ö: 208€
Bivalent:
Cervarix® (HPV Typen 16, 18)
I.m. Injektion.
Anw.:
10–15 J.: Monat 0/1/6 oder Monat 0/(5–)6(–7). (vgl. mit o.a. Empfehlungen!)
<15 J.: Monat 0/1/6.
KI: Akute, schwere fieberhafte Erkrankung. Schwangerschaft (inkl. 2 Mon. vor Schwangerschaft). Keine Daten hinsichtlich der Anwendung in der Stillzeit.
NW: im Allgemeinen sehr gut verträglich, sehr häufig: Kopfschmerzen, Myalgien, Reaktionen an der Injektionsstelle, Schmerzen, Rötung, Schwellung, Müdigkeit.
Kostenübernahmen durch Krankenkassen sind regional unterschiedlich
Kosten:
CH: 207, 15 CHF pro Impfung
D: 156, 38 €
Ö: 146€
Nachholimpfungen: Bei Impfungen > 13 J. bzw. > 14 J. oder Impfabstand < 6 Monaten ist eine 3. Impfung empfohlen.
Eine Empfehlung der STIKO (Ständigen Impfkommission) zur Vakzinierung von Jungen besteht nicht.
Ö: Oberster Sanitätsrat
Empfehlung für alle Mädchen zwischen 9-17. Für Jungen sieht man die Impfung als „sinnvoll“ an.
Bei o.a. Impfungen ist es jedoch anzunehmen, dass das Impfintervall 0, 6, 12 Monaten den selben gewünschten Effekt bringt.
HPV-Typisierung:
Für eine Routinediagnostik wird der Nachweis von HPV-Proteinen oder HPV-spezifischen Antikörpern nicht als ausreichend angesehen. Es wird der Nachweis mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) empfohlen.
Es wird keine routinemässige HPV-Typisierung empfohlen!
Bei persistierenden HPV-Infektionen ist vom Bestehen von Einzelinfektionen auszugehen.
Die Wahrscheinlichkeit mit HPV 6, 11, 16 und 18 angesteckt zu sein dürfte bei 1:10000 liegen.
HPV-Typisierungen bringen passagere, klinisch nicht relevante Infektionen zum Vorschein ohne therapeutische Konsequenz. Hier ist jedoch mit einer zunehmenden Verunsicherung von Patienten und Ärzten zu rechnen.
HPV-Testung mit validiertem Test im Primärscreening erst ab dem 30. Lebensjahr empfohlen.
Sofern ein HR HPV-Testergebnis vor der ersten Impfung besteht, macht es Sinn eine HPV-Typisierung auf HPV 16 und 18 durchzuführen. Nur bei negativem Resultat eine Impfung sinnvoll.
Bei positivem Test (insbesondere wenn HPV 16 positiv ist) ist eine Wiederholung des Tests in 6-12 Monaten erneut vorzunehmen.
Sofern zytologische Veränderungen nach Impfung bemerkt werden, ist eine HPV-Testung sinnvoll. In den überwiegenden Fällen werden dann andere als HPV 16 und 18 festgestellt.
Lt. S3- Leitlinie Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien sollten alle Mädchen und Jungen ab dem 9. Lebensjahr geimpft werden.
Obwohl es zu einer Minderung des Nutzens der Impfung kommen kann, ist bei bereits erfolgtem Geschlechtsverkehr trotzdem mit einem Benefit zu rechnen. Die Entscheidungen müssen individuell getroffen werden.
Bei bereits bestehendem CIN oder Zervixkarzinom ist eine Behandlung mit einer HPV Vakzine bei ausbleibendem Wirkungsnachweis nicht sinnvoll.
Das Wiedererkrankungsrisiko kann bei bereits durchgemachter HPV-Infektion durch eine Impfung gesenkt werden. Eine vorherige HPV Typisierung ist auch bei bereits durchgemachter HPV-Infektion vor Impfung nicht notwenig!
Da nicht alle onkogenen HPV geimpft werden können, sollten auch geimpfte Frauen weiterhin an Krebsfrüherkennungsuntersuchungen teilnehmen.
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S2k Leitlinie HPV-assoziierte Läsionen der äußeren Genitalregion und des Anus – Genitalwarzen und Krebsvorstufen der Vulva, des Penis und der peri- und intraanalen Haut, 11/2017, AWMF: 082-008
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