Generalisierte pustulöse Psoriasis (GPP)

Zuletzt aktualisiert: 2024-09-30

Autor(en): Navarini A.

ICD11: EA90.40

von Zumbusch (1910)

  • DITRA
  • Psoriasis pustulosa gravis Zumbusch
  • Psoriasis pustulosa vom Typ Zumbusch
  • Generalisierte Psoriasis pustulosa
  • Generalized pustular psoriasis
  • GPP
  • PPG
  • Severe pustular psoriasis
  • Bei Schwangerschaft: Impetigo herpetiformis

Selten auftretende, schwere Hauterkrankung, welche weisse, sterile, multiple disseminierte, z.T. konfluierende, sterile Pusteln ausbildet. Das Allgemeinbefinden kann beeinträchtigt sein. Ein letaler Verlauf ist ohne Therapie möglich. Familiäre und erworbene Formen sind bekannt. Früher fehlklassifiziert als Psoriasis. 

  • Kann in jedem Lebensalter auftreten, bei genetischen Formen (z.B. bei homozygoter IL36RN Mutation) ist der Beginn früher
  • Sehr selten, 1:100'000 bis 2:1'000'000, trotzdem immer daran denken!
  • M:F = 1:1
  • Gehäuftes Vorkommen in Japan und anderen asiatischen Regionen sowie Nordafrika aufgrund höherer Allelfrequenz von IL36RN Mutationen
  • Beginn ist bei Patienten ohne Psoriasis vulgaris früher als bei denen ohne Psoriasis vulgaris
  • Bei betroffenen Kindern spielen vor allem Genetik sowie Infektionen eine Rolle

Generalisierte pustulöse Psoriasis (GPP) ist definiert als primäre, sterile, makroskopisch sichtbare Pusteln auf nicht-akraler Haut (ausgenommen Fälle, in denen die Pustulation auf psoriatische Plaques beschränkt ist).

GPP kann

  • mit oder ohne systemische Entzündung
  • mit oder ohne Psoriasis vulgaris (PV) auftreten (mit PV in 33-70%) und kann
  • entweder ein schubförmiger (>1 Episode) oder persistierender (>3 Monate) Zustand sein

Neuere Konsensus-Publikationen bestätigen, dass es eine chronische Krankheit ist und systemische Entzündung zu erwarten ist.

GPP ist Teil des DITRA (engl. Mangel an Interleukin-36-Rezeptor-Antagonist) Syndroms. IL-36Ra ist ein Hemmprotein von IL-36, das zur IL-1 Zytokinfamilie gehört. Keratinozyten und andere epitheliale Zellen produzieren die proinflammatorischen Zytokine IL-36α, IL-36β und IL-36γ. Diese stehen sind der Schlüssel für die Entstehung der GPP. Die Patienten zeigen eine Infiltration der Epidermis durch neutrophile Granulozyten. Durch das Zytokinmilieu werden diese in die obere Epidermis gelockt und lösen die Entzündung aus. 

Verschiedene Triggerfaktoren sind bekannt:

  • Schwangerschaft
  • Hypokalzämie
  • Bakterielle und virale (v.a. EBV) Infektionen
  • Medikamente insbesondere Lithium, Salicylate, Jod-Präparate, Progesteron und Propanolol
  • Schneller Kortikosteroidentzug (etwas weniger wichtig angesehen aufgrund einer kürzlichen Publikation, welche nach ca. 2000 Steroidentzügen keinen einzigen pustulösen Psoriasis-Schub registrierte)

Die Patienten weisen eine höhere Inzidenz für HLA-B 27 auf.

Bei der familiären GPP und in 80% der sporadischen Fälle ohne Psoriasis vulgaris findet sich eine Mutation in jenem Gen, das für die IL-36 Rezeptorantagonisten kodiert.

Bei der familiären GPP wurde eine gain of function Mutation in CARD14 nachgewiesen.

Akuter Beginn, in ca. 75% systemische Beteiligung mit Fieberschüben und unspezifischen Allgemeinsymptomen wie Unwohlsein, Erythrodermie, Muskelversteifung, Gelenksschmerzen. Danach auftreten der kutanen Symptomatik mit makroskopischen, weissen, sterilen Pusteln, die innert Stunden nach Beginn des Fiebers zuerst intertriginös, dann zunehmend an Rumpf und Extremitäten auftreten. Ein Konfluieren der Pusteln ist möglich. Nach Aufplatzen der Pusteln bleiben nässende oder eingetrocknete Bereiche zurück. Bei Mitbefall der Mundschleimhaut akute Stomatitis mit abwischbaren Plaques und Exfoliatio areata linguae.

Blut: Oft aber nicht immer Neutrophilie, Hypokalzämie, Hypoalbuminämie, BSR-, CRP-, Transaminase- und Alkalische Phosphataseerhöhung.

Im Verlauf kommt es zu rezidivierenden Fieberschüben und Pustulationen mit zunehmender Allgemeinsymptomatik bis hin zum Exitus (in den letzten 20 Jahren im einstelligen Prozentbereich) durch sekundäre Komplikationen. Nur 5% der lethalen Ausgänge sind mit Schüben assoziiert. Diese Schübe können mit solchen der Psoriasis vulgaris alternieren.

  • Anamnese
  • Biopsie der Pustel  
  • Klinik: Diagnose nach den ERASPEN Kriterien stellen. Bei erstem Schub kann eine AGEP klinisch nicht ausgeschlossen werden, deshalb ist die erste Behandlung analog AGEP und danach wird bei Persistenz > 3 Monate oder bei Rezidiv eine chronische Therapie begonnen.
  • Labor: Meist Leukozytose > 12’000/ul, meist Neutrophilie >80%, CRP > 50mg/l, BSG > 40nm/h, manchmal  Hypokalzämie, Hypoalbuminämie, Transaminase- und Alkalische Phosphataseerhöhung. Achtung - klinische Diagnose, es findet sich nicht immer eine systemische Entzündung.

Die Pusteln treten per Definition auf nicht-akraler Haut disseminiert auf. Die Zahl der Pusteln kann variieren. Es ist noch nicht bekannt, ob es auch mildere Formen der GPP gibt. Zuerst treten die Pusteln intertriginös auf und breiten sich dann weiter auf Rumpf, Extremitäten (inkl. plantar und palmar), Mundschleimhaut, Schleimhaut der obere Atemwege und Genitalschleimhaut aus.

Folgende Punkte erfragen:

  • Lokalisation
  • Allgemeinsymptomatik v.a. Fieber erfragen
  • Infekte (Trichophyton rubrum, Streptokokken, VZV, EBV, CMV) und andere Erreger
  • Schwangerschaft
  • Hauterkrankungen, insbesondere bereits bestehende Psoriasis vulgaris
  • Familienanamnese
  • Medikamente

Aggregate von Neutrophilen i.S. von spongiformen Pusteln nach Kogoj. In der Epidermis finden sich grosse Pusteln, dazu passt eine Exozytose von neutrophilen Granulozyten in die Epidermis. Akanthose, Parakeratose, im Spätstadium eine psoriasiforme Hyperplasie,  gewundene Kapillaren.

  • Infektionen, v.a. Bronchopneumonie
  • Tod
  • Leberstoffwechselstörungen
  • Eisenmangel
  • Malabsorption und Malnutrition
  • Abort
  • Haarverlust
  • Nagelverlust
  • Hypoalbuminämie
  • Tubuläre Nekrose der Niere

Auslösende Faktoren vermeiden und falls nötig Medikation umgestalten. 

Es braucht eine kontinuierliche Therapie, falls Patientenseitig mehr als 1 Schub pro Jahr auftritt.

Ohne Behandlung ist die Krankheit besonders aufgrund der Komplikationen potentiell lebensbedrohlich und endet manchmal letal.

Bei behandelten Kindern ist die Prognose gut.

Generell ist die Prognose bei sporadischer GPP mit Erscheinungen einer Psoriasis vulgaris besser.  

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